Interview

Rezession
Marcel Fratzscher: „Die Wirtschaft wird sich auch kommendes Jahr nicht erholen“

Marcel Fratzscher ist Präsident des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW)

© Bernd von Jutrczenka / DPA

von Victoria Robertz

26.05.2023, 10:08
2 Min.

Deutschland ist in eine Rezession gerutscht. Ökonom Marcel Fratzscher erklärt, warum die Wirtschaft auf absehbare Zeit nicht aus der Krise kommen wird.

Herr Fratzscher, wir haben das zweite Quartal in Folge ein negatives Wachstum und erfüllen damit jetzt die Definition einer technischen Rezession. Sind das nur saisonale Effekte oder tatsächlich Ausdruck der Schwäche der deutschen Wirtschaft?
Zunächst fand die Rezession im Winterhalbjahr statt, im laufenden Quartal rechnen wir schon wieder mit positiven Zahlen. Aber insgesamt wird die Wirtschaft eher auf Vorjahresniveau bleiben und sich auch im kommenden Jahr nicht sichtbar erholen. Eine Besonderheit an der momentanen Lage ist, dass der private Konsum ungewöhnlich schwach ist.

Der ist durch die Inflation geschwächt?
Ja, die Reallöhne gehen deutlich zurück. Menschen mit geringen Einkommen sind davon besonders hart getroffen, weil die Inflation deutlich über den Lohnerhöhungen liegt. Die EZB wird die Zinsen wohl noch einmal erhöhen, was auch die Investitionen und die Löhne schwächt.

Also wird die Kaufkraft auch langfristig niedrig bleiben?
Die Kaufkraft von Menschen mit geringen und mittleren Einkommen wird wohl weiter deutlich sinken – ihre individuelle Inflation ist zwei- bis dreimal höher. Menschen mit hohen Einkommen können die Kosten für Energie und Lebensmittel noch relativ gut wegstecken. Zum Teil haben sie sogar deutliche Ersparnisse aus den Corona-Zeiten und durch die Entlastungen bei der Einkommenssteuer.

Anders als der Konsum hat sich…