Die ersten Szenen aus Sergei Loznitsas neuestem Film muten unschuldig an: Sie zeigen Menschen, die ihrem Alltag nachgehen, durch Berlin spazieren, in einem süddeutschen Dorf aus dem Fenster schauen und das Treiben auf dem Dorfplatz beobachten, die sogar eine Kuh auf eine Flussfähre treiben. 

Zwölf Minuten hält die Idylle an, dann fallen die ersten Bomben: aus Tausenden Flugzeugen abgeworfen über deutschen Städten wie Köln, Dresden und Berlin.

In „Luftkrieg – Die Naturgeschichte der Zerstörung“, der am 15.03.2023 in Berlin seine Deutschlandpremiere feierte, beschäftigt sich der renommierte ukrainische Regisseur Sergei Loznitsa mit den Bombenangriffen der Alliierten auf Nazi-Deutschland. Dazu hat er Archivmaterial aus dem Zweiten Weltkrieg zusammengeschnitten, unterlegt mit der Musik des niederländischen Komponisten Christiaan Verbeek, die das Publikum an vielen Stellen erschauern lässt.

Eine Aufnahme aus dem Archiv: das zerstörte Dresden im Jahr 1945

Schon seit vielen Jahren arbeitet Loznitsa für seine Dokumentarfilme ausschließlich mit Archivaufnahmen: Er widme sich diesem Material, weil er die „Leichen aus dem Keller der Geschichte holen“ möchte, so der Filmemacher im Gespräch mit der DW. Seine Filme handeln von Traumata, über die niemand spricht.

Können Menschen aus der Geschichte lernen?

„Wenn etwas nicht offen und ehrlich diskutiert wird, dann wird es zu einer Leiche im Keller, die irgendwann wieder hervorkommen und dich verfolgen wird“, so Loznitsa. Das könne ernsthafte Konsequenzen haben: „Die Geschichte folgt bestimmten Gesetzen und tendiert dazu, sich zu wiederholen“, zeigt sich der preisgekrönte Regisseur überzeugt. „Gerade, wenn man bestimmte Ereignisse nicht reflektiert und analysiert, keine Lehren daraus zieht, besteht die Gefahr, dass sie sich wiederholen.“

Wer ist Sergei Loznitsa?

Der ukrainische Regisseur Sergei Loznitsa weiß wovon er spricht. Der 58-Jährige hat historische Umbrüche am eigenen Leib erfahren. Er ist…