Österreich
Suizid einer Ärztin entfacht Debatte um Hass im Netz

In Wien nahm am Montag eine große Menschenmenge an der Gedenkveranstaltung der Initiative #YesWeCare im Andenken an die Ärztin Lisa-Maria Kellermayr Stephansplatz teil. Foto

© Georg Hochmuth/APA/dpa

Auch Tage nach dem Suizid einer im Kampf gegen Corona engagierten Ärztin in Österreich ebbt die Debatte über Hass im Netz nicht ab. Der Fall wirkt wie ein mahnendes Beispiel. Wer hat versagt?

Bei manchen Menschen fließen Tränen. Die allermeisten halten still ihr leuchtendes Smartphone oder eine Kerze in die Höhe. Die Betroffenheit der Menge ist greifbar. Einige Tausend Menschen versammelten sich am Montagabend für das Lichtermeer vor dem Wiener Stephansdom, um der Ärztin Lisa-Maria Kellermayr zu gedenken. Die Medizinerin aus Seewalchen am Attersee in Österreich hatte sich im Kampf gegen Corona engagiert und war im Internet zum Hass-Objekt der Impfgegner geworden. Daran – das legen von Medien veröffentlichte Abschiedsbriefe nahe – ist sie zerbrochen.

Der Suizid der 36-Jährigen vor wenigen Tagen hat die Debatte über Hass im Netz neu angefacht. Kein Geringerer als Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen nahm das Drama zum Anlass einer Mahnung. „Beenden wir dieses Einschüchtern und Angst machen“, schrieb das Staatsoberhaupt auf Twitter. Er selbst legte zusammen mit seiner Frau am Montagabend Blumen vor der Praxis der Toten nieder.

Trotz der inzwischen etablierten gesetzlichen Regelungen gegen Hass im Netz auf nationaler und EU-Ebene ist nach Erfahrungen von Experten die Online-Aggression noch nicht annähernd im Griff. Die auf das Gebiet spezialisierte Beratungsstelle „Zara“ in Wien hat in den vergangenen fünf Jahren 8000 Fälle registriert. Zeitweise sei Corona bei den Hass-Postings das Hauptthema gewesen, sagt Sprecher Ramazan Yildiz über die tiefe gesellschaftliche Kluft…